Texte

Intro

Am Anfang war kein Licht und kein Schatten

Am Anfang war keine Fülle und keine Leere

Am Anfang war keine Zeit und kein Vergehen

Am Anfang war kein Anfang und so auch kein Ende

Dann war da die Asche

Dann kam die Nacht

Dann kam der Wind und

der trug die Asche

in den Schoss der Nacht.

Die Nacht lächelte und

gebar den Sinn.

Hungerlied 1

Auch die Tiere kauen am eigenen Fleisch

Das Hungerloch stopfen,

stopfen, bis es nicht mehr will,

stopfen bis es nicht mehr kann.

Das Hungerloch einschläfern,

einschläfern, bis es nicht mehr schreit,

bis es nicht mehr will,

bis es nicht mehr kann,

bis es nicht mehr schreit

nach der M u tt er.

Morgens mittags abends

und auch nicht nachts,

vor allem nicht nachts, wenn alle Katzen grau und gefährlich sind.

Lieber vergessen am Tisch sitzen und beten.

Lieber am Tisch sitzen und vergessen zu beten.

Der Hunger kommt von oben.

Der Hunger kommt beim Kauen – sagt man.

Und wir kauen uns wund und wir kauen uns wund.

Und wir kauen uns das Fleisch von den Rippen

und beten dazu.

Wir beten unsere Innereien wund.

Der Hunger bleibt

und der Hunger bleibt

und der Hunger bleibt.

 

Hungerlied 2

Auch die Tiere kauen am eigenen Fleisch.

Der Hunger ist da, der Hunger ist da.

Und der Hunger bleibt und dreht uns.

Er dreht uns im Kreis und durch

Er dreht uns durch Stadt Land Fluss,

bis das Spiel aus ist.

Dann spucken wir.

Dann spucken wir aus.

Wir spucken weit.

Wir spucken unsere Säfte weit auf Frucht und Feld,

spucken Gift und Galle und übergeben uns,

geben uns hin und her.

Wir halten Kopf und Bauch und Hungerloch,

entleertes.

Gelächter

Gelächter folgt, wo niemand ist.

Alle schauen nach oben und weiter.

Und weiter wächst das Gras zwischen den Zehen.

Man hört es,

sogar Vater Mutter Kind hören.

Kopf oder Zahl oder Fett,

wer stört muss weg!

Botschaft von oben, von unten und rundherum.

Beten bitte!

Ausschalten bitte! Nein, nicht umschalten,

ausschalten mit dem Regelknopf

umlegen – einfach

entschärfen, umlegen, erledigen.

Auch die Tiere kauen am eigenen Fleisch.

 

Hungerlied 3

Auch die Tiere kauen am eigenen Fleisch.

Da kommt eine Horde, wird zur Herde und

rottet, trottet, torkelt kauend.

Die Alten lachen,

lachen sich zu.

Lachen sich zu Trost mit

Löffel, Messer, Gabel

Und das Hungerloch schweigt.

Und das Hungerloch schreit.

Morgen braten, stopfen und rollen wir das Hungerloch,

fein abgeschmeckt in den Ofen gepresst,

ganz ohne Schere und Licht.

Hüte dich vor dem Feuer, mein Kind.

mein Ein und Alles,

meins, meins, meins, nur meins!

Aus meinen Taschen bist du entnommen und entriegelt,

später verriegelt, dir zur Schande, mir zu Schuld oder

dir zur Schuld und mir zur Schande.

Schuld – Schande – Sühne – Sünde –

Schuld – Schande – Sühne – Sünde –

Schuldig sind wir immer und alle.

Griffe gibt es viele und dazu umsonst.

Alles ist umsonst,

erst recht die Ladenhüter.

Sitzen stehen liegen,

such dir was aus – schnell, bevor

das Hungerloch kommt und

ein Hungerlied pfeift.

Auch die Tiere kauen und pfeifen.

Sie pfeifen drauf.

 

Hungerlied 4

Auch die Tiere kauen am eigenen Fleisch

im Schweben, Fliegen lässt es sich froh sein.

Froh sein und schuld sein.

Da spricht ein gehäuteter Engel.

Er froh lockt. Er lockt zur Schlachtbank.

Und dabei spricht er undeutlich wie gestern.

Er lockt froh und frei und deutet nach oben.

Lass uns heute ein Schiff bauen,

Morgen segeln wir zum Mond

Es ist Heuernte.

Dort ist Heuernte, die mehrjährige.

Das Hungerloch greift, es packt zu und saugt –

Morgens um sechs.

Und wer im November geboren ist

steh auf, steh auf, steh auf,

nicht warten bis der Wecker läutet,

der läutet ein zu spät.

Die Seele wohnt hier nicht.

Auch nicht dort, wo gesungen wird.

Sie ist ausgeflogen, längst hinterm Mond.

Das Hunger-Loch schluckt trocken.

Das Hungerloch gähnt weiträumig.

Danach sind alle weg.

Kein Katz, kein Maus

Katz wie Maus

Aus.

 

Schattennahrung

leg dich zu mir

zwischen meine Häute, zwischen die Sehnen und Knochen.

Komm näher, noch näher,

noch sanfter, damit ich dich spüren kann

lecke meine Lippen, die spröden

mach sie frei von Hunger und Durst und

Angst vor dem Grasen und Schlucken

Komm, leg dich zu mir, noch näher

mit dem Ausschnitt deines Kleides

und bring mir endlich das Verschwinden bei.

Verköstigen musst du dich auswärts

Ich biete nichts, nur Steppe.

Selbst der Regen bleibt aus.

Die Dürre erschüttert.

Komm, leg dich zu mir, komm näher, noch näher.

Breite dich aus, getrost in deiner ganzen Schwärze.

Morgen werde ich dich essen,

armselig herunterwürgen und an das Grün denken.

Stück für Stück wirst du mit mir verschwinden.

In dir werde ich aufgehen und untergehen

Wie der Mond im Nachtschoss.

 

Tanz und Tod

Und wenn dann alles erreicht                            

IST

Wenn alles durchleuchtet

Und alles schal

Wenn alles platt bequem

Und alles smart

Wenn alles lau leicht leer

Und alles satt

Wenn alles sich erklärt

Und alles seicht

Wenn alles genau passt

Und alles in Allem

Und alles in Nichts

Gelöst

Wenn Zauber

Wenn Wunder

Kein Mysterium

IST

Wenn kein Hunger

Kein Mangel

Kein Wollen bewirkt

Wenn kein Traumbild

Kein Sehnen

Kein Bitten erzeugt

IST

Hohe Zeit

IST

Höchste Zeit

IST

Todes Zeit

komm tanz mit mir!